Patrick Grihn

Private Videoüberwachung: Was ist erlaubt, was nicht?

Private Videoüberwachung

Videokameras sind allgegenwärtig. Längst haben sie nicht nur den öffentlichen Raum, sondern auch private Haushalte erobert. Von der smarten Türklingel über die Babycam bis hin zur Überwachungskamera am Carport – die Technik ist erschwinglich und einfach zu installieren. Doch der Einsatz von Kameras durch Privatpersonen birgt rechtliche Fallstricke und erhebliche Risiken für die Privatsphäre.

Grundlagen: Wann darf ich eine Kamera einsetzen?

Grundsätzlich gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), sobald Kameras Bereiche außerhalb des rein privaten Raumes erfassen. Viele Nutzer berufen sich auf die sogenannte "Haushaltsausnahme" der DSGVO. Diese besagt, dass die Verordnung nicht für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten gilt.

Das Filmen im eigenen Wohnzimmer, in dem sich nur Familienmitglieder aufhalten, fällt in der Regel darunter. Die Grenzen dieser Ausnahme sind jedoch schnell überschritten. Sobald die Kamera auch nur kleinste Teile des öffentlichen Raums (z. B. den Gehweg vor dem Haus), das Nachbargrundstück oder gemeinschaftlich genutzte Bereiche (z. B. das Treppenhaus in einem Mehrfamilienhaus) erfasst, ist die Haushaltsausnahme nicht mehr anwendbar. In diesem Fall stellt die Aufnahme einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der gefilmten Personen dar und ist in der Regel unzulässig.

Die wachsende Verbreitung von Kameras im Privaten

Die Zahl der Kameras im privaten Umfeld steigt rasant. Smarte Geräte, die in das "Internet der Dinge" (IoT) eingebunden sind, werden immer beliebter. Dazu gehören:

  • Smarte Türklingeln: Sie zeichnen auf, wer vor der Tür steht, erfassen dabei aber oft auch den öffentlichen Gehweg und Passanten. Teilweise zeichnen Sie auch (unzulässigerweise) die nicht öffentlich gesprochenen Worte von Personen; auch wenn nicht geklingelt wurde.
  • Überwachungskameras: Dienen dem Schutz vor Einbrüchen, filmen aber nicht selten über die Grundstücksgrenze hinaus.
  • Baby- und Haustierkameras: Ermöglichen die Beobachtung von Kindern oder Tieren, können aber auch zur Überwachung von Hausangestellten oder Besuchern missbraucht werden.
  • Dashcams in Fahrzeugen: Ihre Zulässigkeit ist rechtlich umstritten und an enge Voraussetzungen geknüpft.

Diese Entwicklung führt zu einer schleichenden Normalisierung der Überwachung und birgt die Gefahr, dass die Privatsphäre immer weiter ausgehöhlt wird.

Risiken durch Cloud-Kameras aus den USA, China & Co.

Ein Großteil der smarten Kameras speichert die Aufnahmen nicht lokal, sondern in einer Cloud, also auf den Servern des Herstellers. Diese Server stehen oft in Ländern wie den USA oder China, in denen deutlich andere Datenschutzgesetze gelten als in der EU.

Das birgt erhebliche Risiken:

  • Zugriff durch ausländische Behörden: Gesetze wie der US-amerikanische "CLOUD Act" ermöglichen es US-Behörden, auf Daten zuzugreifen, die bei amerikanischen Anbietern gespeichert sind – unabhängig davon, wo sich die Server oder die Nutzer befinden.
  • Mangelnde Transparenz: Für Nutzer ist oft unklar, wer alles Zugriff auf ihre Videodaten hat, wie diese gesichert sind und was damit geschieht.
  • Hackerangriffe: Cloud-Server sind ein beliebtes Ziel für Cyberkriminelle. Werden sie gehackt, können intime Aufnahmen aus privaten Wohnräumen ins Internet gelangen und zur Erpressung genutzt werden. Teilweise werden Daten auch nur schlecht von den Anbietern geschützt.

Absolute No-Gos bei der privaten Videoüberwachung

Bestimmte Praktiken sind unter keinen Umständen erlaubt und können zu Unterlassungsklagen, Schmerzensgeldforderungen und Bußgeldern führen:

  • Filmen des öffentlichen Raums: Straßen, Gehwege und öffentliche Plätze dürfen nicht überwacht werden.
  • Überwachung von Nachbargrundstücken: Die Kamera darf nicht auf das Grundstück des Nachbarn gerichtet sein, auch nicht teilweise.
  • Aufnahmen in höchstpersönlichen Lebensbereichen: Das Filmen in Schlafzimmern, Badezimmern oder Toiletten ist ein schwerwiegender Eingriff in die Intimsphäre.
  • Heimliche Tonaufnahmen: Das heimliche Aufzeichnen von Gesprächen ist nach § 201 Strafgesetzbuch (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) strafbar.
  • Veröffentlichung von Aufnahmen: Das Veröffentlichen von Bildern oder Videos, auf denen Personen erkennbar sind, ohne deren Einwilligung ist ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild.

Empfehlungen für den rechtskonformen Einsatz

Wer nicht auf eine Kamera verzichten möchte, sollte folgende Punkte beachten:

  • Ausrichtung prüfen: Stellen Sie sicher, dass die Kamera ausschließlich Ihren eigenen, privaten Bereich erfasst. Oft helfen hier feste Blenden oder die digitale Maskierung von Bildbereichen. Der öffentliche Bereich und Nachbargrundstücke sind tabu!
  • Informationspflicht: Weisen Sie mit einem gut sichtbaren Schild auf die Videoüberwachung hin. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben, sobald Bereiche erfasst werden, die von anderen Personen betreten werden könnten (z. B. der Eingangsbereich). Grundlagen finden Sie in Art. 13 DS-GVO. 
    Weise auch deinen Besuch darauf hin; denn es gibt auch hier einige Fallstricke im Bereich der Privatsphäre.
  • Lokale Speicherung bevorzugen: Wählen Sie Modelle, die Aufnahmen lokal auf einer SD-Karte oder einem Netzwerkspeicher (NAS) sichern, anstatt sie in eine Cloud hochzuladen.
    Prüfen Sie, ob Sie ausländische Dienste nutzen wollen und wer potentiell alles Zugriff auf Daten hat. Insbesondere wenn Sie z. B. den Garten oder ihr Kind filmen oder überwachen wollen.
  • Sichere Passwörter verwenden: Ändern Sie das Standardpasswort des Geräts sofort in ein langes, komplexes und einzigartiges Passwort.
  • Updates installieren: Halten Sie die Firmware der Kamera stets auf dem neuesten Stand, um Sicherheitslücken zu schließen.

Der Experte

Patrick Grihn ist ein von anerkannter Gutachter und Sachverständiger für Datenschutz und IT-Sicherheit. Er ist regelmäßig als Gutachter bei Gerichten in ganz Deutschland tätig. 
Mit seiner langjährigen Erfahrung analysiert er komplexe Sachverhalte im Bereich der digitalen Überwachung und berät Unternehmen sowie Privatpersonen zum rechtskonformen und sicheren Einsatz von Videoüberwachungsanlagen. Seine Expertise ist gefragt, wenn es darum geht, die Grenzen zwischen berechtigtem Sicherheitsinteresse und dem Schutz der Privatsphäre präzise zu definieren, zu prüfen und rechtskonform zu dokumentieren.